Mit Urteil vom 13.01.2010 (Az: 4 K 3702/10) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden, dass Pflegeeinrichtungen den Bewohnern die Begleitung zum Arzt als Regelleistung schulden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Diese Pflicht schrieb das Gericht den aus dem Rahmenvertrag geschuldeten Hilfen bei der Mobilität zu. Eine Regelleistung kommt damit grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Bewohner einen Arzttermin wahrnehmen muss, der medizinisch notwendig ist und es sich um einen Termin bei einem Facharzt oder Zahnarzt handelt. Denn dann ist ein Arztbesuch in der Einrichtung wegen der sächlichen/technischen und personellen Erfordernisse nicht möglich. Wenn eine Begleitung durch Angehörige oder Bekannte in Betracht kommt, so ist die Pflegeeinrichtung ebenfalls nicht verpflichtet, die Begleitung durch ihr Personal selbst vorzunehmen. Bei Bewohnern, die einen Betreuer haben kann nicht darauf abgestellt werden, dass dieser dann die erforderliche Begleitung vorzunehmen hat. Denn die Betreuung verpflichtet den Betreuer nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen, sondern nur zur Organisation (BGH, Urteil vom 02.12.2010 – Az: III ZR 19/10).
Dass damit auch die anfallenden Kosten für die Fahrt zum Arzt von der Pflegeeinrichtung zu tragen sind, hat dieses Urteil gerade nicht festgestellt und ist hieraus auch nicht zu schlussfolgern. Ganz im Gegenteil hat das Gericht in dieser Entscheidung am Rande bemerkt, dass bei einer notwendigen Begleitung durch das Personal der Pflegeeinrichtung gegebenenfalls ein Anspruch auch auf Übernahme der Kosten der Begleitperson im Rahmen einer Eingliederungshilfe begründet sein kann.
Dies sieht das Amtsgericht Wernigerode in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 16.03.2011, Az: 10 C 272/10) anders und hat eine Einrichtungsträgerin zur Übernahme der Fahrten zum Arzt und zur Erstattung von Taxikosten für Fahrten zum Arzt verurteilt. Diese Entscheidung überzeugt jedoch nicht. Eine nachvollziehbare Begründung lässt dieses Urteil vermissen. So hat das Gericht sich an keiner Stelle mit etwaigen vorrangigen Ansprüchen auf Übernahme bzw.
Erstattung von Fahrtkosten zum Arzt gegenüber der Krankenkasse oder im Rahmen der Eingliederungshilfe auseinandergesetzt und diesen Punkt erkennbar übersehen. Außerdem zeigt das Urteil keine Voraussetzungen auf, unter denen überhaupt eine Fahrt oder die Übernahme der Kosten genau geschuldet seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, soeben wurde von hier aus die eingelegte Berufung begründet.
Das Amtsgericht Wernigerode vertritt in dieser angefochtenen Entscheidung zudem die Auffassung, dass den Bewohnern der Einrichtung aus dem Rahmenvertrag eine unentgeltliche Kennzeichnung ihrer persönlichen Wäsche geschuldet sei. Es handele sich dabei um eine Regelleistung im Rahmen der gemäß Rahmenvertrag geschuldeten maschinellen Wäsche des Bewohners. Nach Auffassung des Gerichts impliziere die Reinigung der Wäsche auch die Markierung der Wäsche, um sie nach dem Waschvorgang wieder aushändigen zu können. Ohne eine solche Markierung könne bereits die geschuldete Reinigung nicht sichergestellt werden. Die Kennzeichnung der persönlichen Wäsche sei daher Bestandteil der Regelleistung „Unterkunft und Verpflegung“. Weiterhin ist nach Auffassung des Amtsgerichts Wernigerode die unentgeltliche Bereitstellung von Shampoo und Waschcreme geschuldet, da diese für die geschuldete Hilfe bei der Körperpflege unverzichtbar sei. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, die Berufung erstreckt sich auch auf diese Punkte, so dass die Entscheidung des Berufungsgerichts abzuwarten bleibt.
Das Oberlandesgericht Thüringen hat eine Pflegeheimbetreiberin in der Berufungsinstanz zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 20.000,00 EUR verurteilt, weil eine an Demenz erkrankte Bewohnerin unbemerkt die Einrichtung verlassen hatte und erst drei Tage später stark unterkühlt auf einer Wiese liegend aufgefunden wurde. Sie war stark verwirrt und hatte sich bei einem Sturz die rechte Schulter gebrochen. Nachdem bereits das Landgericht Mühlhausen die Pflegeheimbetreiberin in erster Instanz verurteilt hatte, legte diese gegen das Urteil Berufung ein mit der nachvollziehbaren Begründung, dass sie keine geschlossene, sondern eine offene Pflegeeinrichtung betreibe. Eine offene Einrichtung könne und müsse ihre Bewohner nicht lückenlos beaufsichtigen. Dies sah das Oberlandesgericht Thüringen anders. Es stellte fest, dass die Bewohnerin bereits zuvor zweimal die Einrichtung unbemerkt verlassen hatte. Außerdem sei der Pflegeeinrichtung bekannt gewesen, dass die Bewohnerin vor ihrem Einzug in das Heim zu Hause bereits mehrfach zu ihrem Elternhaus gelaufen sei. Da die Umgebung des Pflegeheims für die Bewohnerin neu gewesen sei, habe die Pflegeeinrichtung außerdem auch damit rechnen müssen, dass sie sich bei Verlassen der Pflegeeinrichtung verlaufen und umherirren könnte. Wegen dieser bekannten Umstände sei die Pflegeeinrichtung zu einer lückenlosen Aufsicht verpflichtet gewesen. Wegen fahrlässiger Verletzung der aus dem Heimvertrag geschuldeten Betreuungspflicht wurde die Pflegeheimbetreiberin in Regress genommen.
Nachdem das Sozialgericht Detmold (siehe Newsletter für Heime und ambulante Pflegedienste I/2011) die Sortierung nach Risikokriterien durch den Pflegeheimnavigator der AOK für rechtmäßig hielt, hat das Sozialgericht Berlin (Beschluss vom 23.02.2011 – Az: S 111 P 550/10 ER) dies anders bewertet. Nach Auffassung des Sozialgerichts Berlin sei die? von der AOK in ihrem Pflegeheimnavigator vorgenommene Selektionsmöglichkeit nach Risikokriterien und die Anbringung eines Warnhinweises zwischen den Vertragsparteien eindeutig nicht vereinbart und damit rechtswidrig. Das Sozialgericht Lüneburg entschied in einem Eilrechtsverfahren hingegen, dass ein Grund für eine Eilrechtsentscheidung nicht bestehe. Insgesamt sei ein rechtswidriges Vorgehen der AOK nicht erkennbar. Zwar würden die Ergebnisse der Transparenzprüfung durch die Selektionsmöglichkeit vorübergehend unterschiedlich gewichtet. Die Ergebnisse der Transparenzprüfungen würden hierdurch jedoch nicht verfälscht werden, weil dem Interessierten im Ergebnis keine Bewertungen vorenthalten werden würden. Das Sozialgericht Lüneburg stellte jedoch einschränkend fest, dass in dem parallel laufenden Hauptsacheverfahren, also dem Klagverfahren, eingehender geprüft werden müsse, ob die Suchfunktion des AOK Pflegeheimnavigators noch andere Kriterien unterstützten müsse um so der Vielfalt der vereinbarten Transparenzkriterien gerecht zu werden.
Häufig überlassen Pflegedienste die Fahrzeuge ihres Fuhrparks den Mitarbeitern auch zur privaten Nutzung. Dies kann rechtliche Probleme mit sich bringen. Wird ein Mitarbeiter krank, so kann er sich auf den Standpunkt stellen, dass er das Fahrzeug für die Zeit der Erkrankung nicht zurückgeben müsse, da es ihm auch zur privaten Nutzung überlassen worden sei. Vermeiden Sie solche Auseinandersetzungen, indem Sie mit Ihren Mitarbeitern einen Dienstwagennutzungsvertrag schließen. Hier sollten Regelungen getroffen werden, in welchen Fällen das Fahrzeug zurückzugeben ist. Außerdem sollten Verhaltensregelungen bei Unfällen und Diebstahl, zur Haftung bei Schäden oder bezüglich der Überlassung des Fahrzeuges an Dritte aufgenommen werden. Berücksichtigen Sie außerdem, dass Ihr Mitarbeiter einen Nutzungsausfallentschädigungsanspruch hat, wenn die private Nutzung widerrufen wird – auch wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt. Die Berechnung der Nutzungsentschädigung erfolgt folgendermaßen: Der Mitarbeiter, der den Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen erhält versteuert den geldwerten Vorteil für diese Nutzung. Der beträgt immer 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeuges. Wenn der Bruttolistenpreis des Fahrzeuges z.B. 14.000 EUR beträgt, so beläuft sich die Nutzungsentschädigung im Monat auf 140,00 EUR. Dies kann auf die Tage umgerechnet werden. Eine Nutzungsentschädigung steht dem Mitarbeiter auch zu, wenn er krank ist. Der Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung ist gekoppelt an den Anspruch auf Lohnzahlung. Wenn der Mitarbeiter mithin länger als 6 Wochen krank ist und damit der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet und das Krankengeld beginnt, so endet auch der Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
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Wenn ein Pflegekunde eine Medikation selbst vornehmen möchte und einen Pflegeeinsatz Ihres Pflegedienstes nicht möchte, so ist dem grundsätzlich zu entsprechen, wenn der Pflegekunde keine Einschränkungen in der Alltagskompetenz aufweist und orientiert ist. Falls Sie Zweifel an der Orientiertheit des Pflegkunden haben oder er in der Vergangenheit bereits einmal vergessen hat, seine Medikamente zu nehmen, schwebt natürlich immer die Sorge einer Haftung mit. Dem können Sie aber ganz einfach begegnen: informieren Sie in diesen Fällen den behandelnden Arzt, vermerken Sie dies in der Dokumentation und sichern Sie sich durch eine schriftliche Haftungsfreistellung ab.
Haftungsfreistellung
Ich, ___________________ (Name, Vorname, Anschrift des Kunden), möchte die behandlungspflegerische Maßnahme _____________, die mir mein Hausarzt im Rahmen der häuslichen Krankenpflege am _______ verordnet hat selbst vornehmen. Ich verzichte ausdrücklich auf ein Bereitstellen und Verabreichen durch das Pflegepersonal des Pflegedienstes _____________. Ich bin mit der Anwendung des Medikaments vertraut und weiß, welche Dosierung ich vornehmen muss. Für etwaige Fehler im Rahmen der Eigenbehandlung und der Einnahme des Medikamentes, ebenso für etwaiges Vergessen der Behandlung bzw. Einnahme des Medikamentes stelle ich den Pflegedienst _____________ und sein Pflegepersonal von der Haftung frei.
Ort, DatumAbstandUnterschrift Pflegekunde
Am 28. Juni 2011 ist das neue niedersächsische Heimgesetz verabschiedet worden. Zum 06.07.2011 ist es in Kraft getreten. Der Heimbegriff wurde damit nun erweitert auf nicht selbständige Wohngemeinschaften, so dass auch diese nun den Reglementierungen des Heimgesetzes und damit der Heimaufsicht unterworfen sind. Dies wird sehr wahrscheinlich den weiteren Ausbau von alternativen Wohnformen stark beeinträchtigen. Eine nicht selbst bestimmte Wohngemeinschaft liegt vor wenn der Vermieter zuglich Leistungen der ambulanten Betreuung erbringt, wenn der Vermieter und der Leistungserbringer von Betreuungsleistungen miteinander rechtlich oder tatsächlich verbunden sind, der Pflegekunde keine freie Wahl bei Art und Umfang der ambulanten Dienste hat und eine Einschränkung beim Selbstbestimmungsrecht des Bewohners besteht. Es steht zu befürchten, dass eine Vielzahl von Wohngemeinschaften schließen wird, da sie den nötigen Finanz- und Personalaufwand nicht leisten können.