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Newsletterübersicht

Newsletter I / 2016
Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen

Inhalt

  1. Elternunterhalt: Sozialhilfeträger kann keinen Unterhalt für die Vergangenheit fordern
  2. Verwirkung von Elternunterhalt
  3. Die unzulängliche Verteilung des Elternunterhalts
  4. Der Entscheidungsspielraum bei der Pflegeheimwahl
  5. Eine Betreuung kann auch durch eine nachträgliche Vorsorgevollmacht zur Aufhebung gebracht werden

Elternunterhalt: Sozialhilfeträger kann keinen Unterhalt für die Vergangenheit fordern

Ziehen pflegebedürftige Eltern in eine Pflegeeinrichtung ein und reichen die zur Verfügung stehenden Renteneinnahmen sowie etwaiges vorhandenes Vermögen nicht aus, um die Kosten der Pflegeeinrichtung vollständig zu zahlen, hat der Sozialhilfeträger bei entsprechender Bedürftigkeit die ungedeckten Heimkosten zu übernehmen. Der Sozialhilfeträger wird allerdings prüfen, ob er gegenüber den Kindern der leistungsberechtigten Eltern entsprechenden Regress nehmen kann (Elternunterhalt).

Vielfach sind bereits erhebliche offene Heimkosten übernommen worden, wenn der Kostenträger sich das erst Mal an die Kinder zwecks Erstattung wendet. Häufig müssen die Kinder auch erst ermittelt werden. Für die Inanspruchnahme der Kinder sind jedoch (auch) formelle Anforderungen durch den Sozialhilfeträger zu beachten, welche in der Praxis häufiger nicht eingehalten wurden.

Von entscheidender Bedeutung für die Leistungspflicht des Kindes kann es daher werden, ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt der Kostenträger schriftlich mitgeteilt hat, dass dieser Leistungen der Sozialhilfe für die Eltern erbringt. Ein Unterhaltsanspruch, den der Kostenträger in diesem Fall geltend macht, besteht nämlich grundsätzlich nicht für die Vergangenheit, sondern nur für den aktuellen Zeitraum (und die Zukunft). Nur Ausnahmsweise kann Unterhalt für die Vergangenheit geltend gemacht werden.

PRAXISTIPP:

  • Prüfen Sie das Datum des ersten Schreibens des Sozialhilfeträgers, mit dem Ihnen mitgeteilt wurde, dass gegenüber den Eltern offene Heimkosten und damit Sozialhilfe gewährt wurde.
  • Wird der Unterhalt für einen Zeitraum vor diesem Datum verlangt, so kann dies grundsätzlich mit Erfolg verwehrt werden.

Verwirkung von Elternunterhalt

Wenn der Sozialhilfeträger Elternunterhaltsansprüche gegenüber den Kindern nicht zeitnah durchsetzt, kann er sie verwirken. Macht der Sozialhilfeträger nach der so genannten Rechtswahrungsanzeige längere Zeit von seinem Recht auf Regress gegenüber den Kindern keinen Gebrauch, kommt eine Verwirkung in Betracht, wenn der Unterhaltsverpflichtete darauf vertrauen konnte, dass der Sozialhilfeträger ihn auch in der Zukunft nicht in Anspruch nehmen wird. Das ist in der Regel bereits ein Jahr ab Rechtswahrungsanzeige der Fall. Gleiches kann auch dann gelten, wenn der Sozialhilfeträger in der außergerichtlichen Korrespondenz die Unterhaltsforderung zunächst immer wieder ermäßigt hat. Dann darf der Unterhaltspflichtige grundsätzlich darauf vertrauen, dass nachfolgend keine höhere Inanspruchnahme erfolgen wird.OLG Celle, Urteil vom 02.09.2008 (Az. 10 UF 101/08)

PRAXISTIPP:

  • Prüfen Sie, ob der Sozialhilfeträger Sie nach dem ersten Schreiben und Erteilung der Auskünfte nicht in Anspruch genommen hat.
  • Ist dies ein Jahr oder länger der Fall, ohne dass dies einen nachvollziehbaren Grund hat, so sollten Sie anwaltlich überprüfen lassen, ob eine Verwirkung mit Erfolg eingewandt werden kann.

Die unzulängliche Verteilung des Elternunterhalts

Im Fall des Elternunterhalts ist folgende Besonderheit zu beachten, welche häufiger durch die Sozialhilfeträger übersehen wird: Von entscheidender Bedeutung kann sein, ob der Elternunterhalt auf mehrere Kinder zu verteilen ist. So sind Kinder nach den zivilrechtlichen Vorschriften nur zu einem anteiligen Unterhalt gegenüber ihren Eltern, entsprechend ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen, verpflichtet. Das heißt mit anderen Worten, dass ein Kind nicht für die gesamten (offenen) Heimkosten herangezogen werden kann, soweit andere Kinder ebenfalls anteilig zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind. Insoweit muss der Kostenträger sogar die entsprechende Leitungsfähigkeit aller Unterhaltsverpflichteten ermitteln, um einen entsprechenden Unterhaltsteil berechnen zu können und um den Anspruch auch gegenüber einem einzelnen Kind substantiiert darlegen zu können (so ausdrücklich LG Braunschweig, NHWE-FER 1999, 293).

PRAXISTIPP:

  • Berücksichtigt die Berechnung des Elternunterhalts alle leistungsfähigen Kinder?
  • Falls nicht, so ist die Unterhaltsberechnung eventuell falsch und sollte beanstandet werden.

Der Entscheidungsspielraum bei der Pflegeheimwahl

Sowohl im Rahmen des Elternunterhalts, wie auch für die Sozialhilfe selbst, stellt sich regelmäßig die Frage, welches Pflegeheim gewählt werden durfte. Entscheidendes Kriterium ist in beiden Fällen, ob die Kosten für das gewählte Heim angemessen sind. Anerkannt ist, dass für die Bestimmung, ob die Heimkosten angemessen sind, ein Vergleich der Kosten mit anderen Heimen anzustellen ist. Dieser Vergleich unterliegt jedoch bereits einer Vielzahl von Modifikationen. Exemplarisch ist zu nennen ist, dass nur Kosten für Heimplätze berücksichtigt werden können, die zur fraglichen Zeit tatsächlich zur Verfügung gestanden hätten. Zu denken sind auch an weitere Faktoren der Pflegeheimwahl, wie insbesondere eine religiöse Bindung, was die Angemessenheit der konkreten Wahl beeinflussen kann.

Hiervon unabhängig hat der BGH nunmehr jedoch festgestellt, dass dem Pflegebedürftigen bereits ein Entscheidungsspielraum bei der Wahl des Pflegeheims zusteht. Insofern ist dieser bereits von Anfang an nicht auf das absolut kostengünstigste Heim festgelegt, sondern kann ein Heim „im unteren Preissegment“ wählen (BGH, Beschluss vom 07.10.2015 – XII ZB 26/15, Rn. 20).

PRAXISTIPP:

  • Nehmen Sie den Verweis des Sozialhilfeträgers auf eine günstigere Pflegeeinrichtung nicht ungeprüft hin.
  • Bedenken Sie alle individuellen Gründe, welche zu der konkreten Pflegeheimauswahl geführt haben

Eine Betreuung kann auch durch eine nachträgliche Vorsorgevollmacht zur Aufhebung gebracht werden

Grundsätzlich gilt der Vorrang der privaten Vorsorge. Hat man also mit einer Vorsorgevollmacht einen Bevollmächtigten beauftragt, darf das Betreuungsgericht grundsätzlich keine Betreuung einrichten. Doch hat man die Erstellung einer privaten Vorsorgevollmacht versäumt, so muss im Bedarfsfall ein Betreuer bestellt werden. Da dies nicht selten ein Berufsbetreuer und eine fremde Person ist, empfinden dies viele Betroffene und Angehörige als unangenehmen Eingriff in ihre Intimsphäre. Doch auch, wenn ein nahestehender Angehöriger als Betreuer bestellt worden ist, hat dies Konsequenzen, nämlich eine Aufsicht und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Betreuungsgericht. Was häufig nicht bekannt ist, ist dass auch noch nach einer Betreuerbestellung noch eine Vorsorgevollmacht erstellt werden kann mit der Folge, dass die Betreuung wegen des Vorrangs der privaten Vorsorge aufgehoben werden muss. Ausreichend für die Erstellung einer Vorsorgevollmacht ist die sogenannte „partielle Geschäftsfähigkeit“. In lichten Momenten kann also auch ein an Demenz erkrankter noch eine wirksame Vorsorgevollmacht erstellen. Um hier über jeden Zweifel erhaben zu sein, ist es ratsam, im Krankheitsfall eine Vorsorgevollmacht notariell beurkunden zu lassen. Denn nach § 11 Beurkundungsgesetz hat der Notar die Beurkundung abzulehnen, wenn er den Eindruck hat, dass der Betroffene geschäftsunfähig ist. Zweifel hat er in die Urkunde aufzunehmen. Es kann sinnvoll sein, dem Notar die Erkrankung vor der Beurkundung mitzueilen und ihn in die Urkunde konkret aufnehmen zu lassen, dass Kenntnis über die Erkrankung besteht und zum Zeitpunkt der Beurkundung keine Anzeichen für eine Geschäftsunfähigkeit vorlagen. Wird diese Urkunde dem Betreuungsgericht übermittelt, muss es grundsätzlich die Betreuung sofort aufheben.

PRAXISTIPP:

  • Die versäumte Erstellung einer Vorsorgevollmacht kann auch nach der Einrichtung einer Betreuung noch nachgeholt werden.
  • Erst wenn eine Geschäftsunfähigkeit vorliegt, ist dies nicht mehr möglich.
  • Ausreichend ist jedoch eine partielle Geschäftsfähigkeit, so dass auch Demenzkranke je nach Tagesverfassung noch eine Vorsorgevollmach aufsetzen können.
  • Hier empfiehlt sich eine Beurkundung der Vollmacht bei einem Notar.

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